Situation deutscher Kliniken in drei breiten Strichen

Ein Hintergrund-Artikel für alle, die sich damit noch nie beschäftigt haben und ca. 5 Minuten Interesse übrig haben. Ich habe das zusammengeschrieben weil ich “einer derjenigen” war und mal ein Bild haben wollte. Ich fand es hilfreich.

Here we go.

Politik & Trend

Es gibt einen Trend zu weniger Kliniken in Deutschland (2000-2019: -21%, von 2.422 auf 1.914), der vielleicht sogar politisch gewollt ist. Die unterstellte Strategie ist “kaputtsparen”; also Kliniken finanziell derart unter Druck zu setzen dass eine “natürliche Auslese” (meine Worte) stattfindet.

Ganz offiziell existiert auch seit 01.01.2016 das Krankenhausstrukturgesetz, welches als eines der Ziele den “Abbau von Überkapazitäten” (Zitat Bundesrechnungshof S. 28) definiert.

Noch ein paar Zahlen:

  • Kliniken werden weniger, allerdings steigt der Marktanteil der privaten Krankenhausträger. Es findet also eine effektive Privatisierung statt, wobei ich hier nicht über Gründe spekulieren möchte.
  • Die Anzahl der Betten ist nur um 12% gesunken
  • Die absolute (!) Anzahl der Intensivbetten ist allerdings sogar gestiegen. Es findet also eine Verschiebung von “Normalbett” hin zu “Intensivbett” statt.

Und mit der Intensivbett-Verschiebung starten wir sehr passend in den nächsten Abschnitt - Intensivbetten sind nämlich drastisch teurer als “normale” welche.

Unterfinanziert

Rein faktisch sind Kliniken unterfinanziert (durchaus auch politisch mutwillig), was auch der Bundesrechnungshof eindeutig formuliert (vollständiger Bericht, unabhängig davon auch GKV Spitzenverbund und Klinikverbund Hessen).

Dazu kommt signifikanter Personalkräftemangel (hier kann man grob 22.000 Stellen zusammenrechnen), die natürlich auch bezahlt werden möchten. Der Klarheit willen möchte ich festhalten, dass die Personalkräfte offenbar mangels Verfügbarkeit nicht besetzt werden, anstatt wegen Zahlungsunfähigkeit.

Gleichzeitig steigen die Ausgaben für Gesundheit kontinuierlich.

Die politischen “Hilfen” diesbezüglich beschränken sich gefühlt auf das Anlegen von Daumenschrauben. Das erklärte Ziel ist jedesmal eine angenommene Effizienzsteigerung. Dass diese Aufwände natürlich auch Kosten verursachen ist auch dem Gesetzgeber klar. Dieser stellt allerdings zB im Krankenhausstrukturgesetz den erwarteten Kosten sehr charmant einen erwarteten “dreistelliger Millionenbetrag” an Einsparungen gegenüber. Auf die Frage wie sehr sich das auch manifestiert hat habe ich keine Antwort gefunden.

Übrigens ist das Thema alles andere als neu (2008, 2012, …). Wenn man also annimmt dass es auch tatsächlich bereits so lange existiert erkärt sich beispielsweise der Digitalisierungsgrad in unseren Kliniken von selbst.

Alternativ kann man es auch wie McKinsey sehen, die dem Gesundheitswesen Einsparungspotentiale von 34 Milliarden Euro durch Digitalisierung bescheinigen.

Kritik am Abrechnungssystem

Das 2004 für die Abrechnungen eingeführte “DRG-System” steht außerdem zunehmend in der Kritik (DLF, Verdi, Boeckler, …). Zum einen sind die allgemeinen Auswirkungen (und die Antwort auf die Frage ob die erhofften Ergebnisse eintegtreten sind) offenbar mitnichten geklärt. Zum anderen sind die praktischen Schwächen wohl inzwischen so offenkundig dass sogar der Bundesrat eine Reform fordert.

Für alle die das DRG-System nicht kennen reicht es, sich darunter folgendes vorzustellen: Ein Katalog, der alle abrechnungsfähigen Leistungen incl. sämtlicher “erlaubter” Komplikationen oder Varianten beinhaltet, und dafür die entsprechenden Preise definiert.

TAKEAWAY

Die deutsche Kliniklandschaft ist politisch und strukturell einem enormen Druck ausgesetzt, die finanzielle Situtation ist alles andere als gut. Dabei scheint die Politik ihrer Gestaltungsaufgabe weitestgehend auszuweichen, was von diversen Institutionen und Personen deutlich angeprangert wird (wobei hier sicherlich niemand frei von persönlichen Interessen ist, das sei abwägend erwähnt). Die Probleme sollen sich anscheinend von selbst lösen, indem man das System zusätzlich unter Druck setzt (DRG, KHSG, KHZG, etc.).

Müsste ich eine Formulierung für das beabsichtigte Ergebnis finden, so wäre das wohl “Druck erzeugt Diamanten”.

Persönlich glaube ich allerdings eher das erzeugt “Veteranen”. Denn “Die Hard” wäre wohl auch das richtige Stichwort, und in meinem Kopf sehen die überlebenden Kliniken dann auch so aus wie good old Bruce am Ende des Films.

Allerdings neige ich auch zu eher krassen Bildern.

Nachtrag

“Weniger Kliniken”

Unser neuer Gesundheitsminister Lauterbach trägt diese Absicht Seit 2013 transparent nach draußen (2013, 2019). Die Argumente für den Abbau von Kliniken sind:

  • eine zu hohe Anzahl an Krankenhaus-Bettentagen pro Einwohner im EU Vergleich
  • eine mögliche Verschiebung von stationärer zu ambulanter Behandlung in vielen Fällen
  • “Wer rastet der rostet” - kleine Kliniken, die bestimmte Eingriffe zu selten durchführen, sind medizinisch riskant, oder andersherum formuliert: Eine Konzentration auf weniger, dafür spezialisiertere Kliniken, bzw. “große” Kliniken mit deutlich mehr Routine in den durchgeführtenn Eingriffen verspricht Effizienz- und Qualitätssteigerungen

Im Vergleich ist Deutschland auf jeden Fall ganz weit vorn (Destatis, CIA).

Weitere Quellen, aus einer “Google-Recherche”: